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Arad Dabiri - 3 - NULLKOMMADREI! (awake)
2 November 2024
Der Wecker klingelt zu früh, aber was soll man denn schon machen, liegenbleiben leider keine Option. Aufstehen, rausgehen, was tun. Das Zimmer ist nahe dem Stadtzentrum. Kleine und große Straßen, alles da, alles irgendwie niedlich. Oder aber das war es auch schon, das Zentrum ist die eigentliche ganze Stadt. Wer weiß das schon.
Was ich weiß:
Draußen ist es schön.
Platz suchen, Platz nehmen, hinsetzen. Schwarzen Kaffee für mich, Bret trinkt Sekt.
Warum auch nicht?
Die Leute hier.
Wie sie bei zehn Grad, keiner Sonne, starkem Wind alle draußen sitzen an den Tischen, schlürfen an den Getränken, der Temperatur widerständig, der menschliche Körper plötzlich zu Höchstleistungen fähig, nur: wegen des unbedingten Willens nach Nikotin.
Da kommen sie meiner Stadt tatsächlich doch ein bisschen näher.
Die Menschen sind hier aber oft schöner.
Gierige Augen von Bret, überall gleichzeitig, ausschauen, durchschauen.
»Wollen wir was starten?«
»Dafür sind wir nicht hier.«
»Aber sieh doch wie bezaubernd, die Frauen für dich, die Männer für mich, ach, wie damals in Los Angeles, was haben wir da -«
»Komm, lass es jetzt.«
»Was denn, du bist doch offiziell Single, mach was draus.«
»Aber du weißt doch, da ist sie.«
»Ach, sie. Niedlich bist du mit deinen Gefühlen und so weiter, aber tatsächlich kommt man in unserer Branche mit Gefühlen und so nicht weiter.«
Ich bleibe bei meinen Gefühlen.
Euphorie zum Beispiel, wenn sie zählt.
Und das Bier schmeckt heute wieder gut.
Es macht alles leichter.
Und verdrängt die Müdigkeit.
Bret schnippst mich wieder in den Moment, in die Sekunde, okay, sorry, bin wieder da.
Was steht an?
»Was steht an?«
Blick über die belebte Straße, an dieser Kreuzung, viele Fahrräder, am Horizont das Wasser.
Bret sagt nichts.
Warum?
»Warum sagst du jetzt nichts?«
Schock.
Warum?
Weil Bret lächelt. Also so ehrlich, von tief innen, Emotion, andere als üblicherweise.
»Ich genieße den Ausblick.«
Also mache ich das auch.
Einfach mal nichts machen.
Nur schauen.
Und genießen.
Bret fällt Schweigen oft schwer.
»Ich hab gehört, man sucht überall verzweifelt nach Drogen.«
»Ja?«
»Peinlich.«
So wie wir.
»Aber wollen wir mitspielen?«
»Wir haben doch unser eigenes Zeug.«
Schimmern zwischen seiner Hand, durch die Jacke, in mein Auge.
Alles was wir brauchen, haben wir hier.
Wasser, Bank, Arsch auf Bank, Auge auf Wasser.
Alles was wir brauchen, kann uns niemand geben.
Außer wir selbst.
Kinderstimmen, Gelächter, Geplänkel, Leben, Leben, Leben. Nicht meine Sprache, aber das ist okay.
Die Leute.
Reden, reden, reden. Strahlen, Empörung, kurzer Schluck, kurzer Zug, Rauch raus, Flüssigkeit den Rachen runter.
Heute werde ich saufen.
Oder?
Ja.
Heute.
Heute.
Heute.
Heute bin ich aber auch müde.
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